MINT - Ein Blick auf deutsche Schüler:innen und Student:innen

Die Gewinnung von Student:innen und jungen Talenten kann eine Herausforderung sein. Während Versicherungs- und Finanzunternehmen in engem Wettbewerb stehen, konkurriert das aktuarielle Berufsfeld insgesamt mit anderen Branchen um Studierende und Absolvent:innen in den MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Die Kenntnis ihrer aktuellen Situation und ihrer spezifischen Bedürfnisse kann ein entscheidender Vorteil sein, wenn es darum geht, mit potenziellen Kandidat:innen in Kontakt zu treten.
Veröffentlicht am 20.12.2023

Eine jährliche Studie des Nationalen MINT-Forums bewertet die Dynamik der MINT-Ausbildung an deutschen Schulen und Universitäten und konzentriert sich dabei auf die Wahl der MINT-Fächer durch die Studierenden. Hier sind die wichtigsten Ergebnisse:

1. Abnehmendes Interesse an MINT in der Sekundarstufe II 

  • Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die sich an deutschen Gymnasien für ein MINT-Fach entscheiden, ist von rund 163.000 im Schuljahr 2014/15 auf rund 124.000 im Schuljahr 2021/22 gesunken, was den demografischen Rückgang an Schüler:innen widerspiegelt.
  • Die Studie stellt insbesondere einen Rückgang des Interesses an Informatik fest, das trotz eines leichten Anstiegs nach wie vor eine Nische für Schülerinnen und Schüler darstellt.

2. Auswirkungen von früher Beschäftigung mit Informatik

  • Die Entscheidung der Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe II für das Fach Informatik wird maßgeblich davon beeinflusst, ob das Fach in der Sekundarstufe I unterrichtet wird und wie viele Stunden dafür vorgesehen sind.
  • Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, in dem Informatik von der 5. bis zur 10. Klasse Pflichtfach ist, weist in der Sekundarstufe II eine höhere Anmeldequote für Informatik auf als Regionen, in denen das Fach nicht Pflichtfach ist.

3. Geschlechterunterschiede bei der Wahl von MINT-Fächern bleiben bestehen

  • Die geschlechtsspezifischen Stereotypen bei der Fächerwahl bestehen fort, wobei Mädchen Biologie bevorzugen, während Physik und Informatik weiterhin überwiegend von Jungen gewählt werden. In Chemie und Mathematik ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichener.
  • Strategien zur Förderung von Mädchen in Physik und Informatik bestehen darin, die Fächer attraktiver, zeitgemäßer und geschlechtersensibler zu machen, insbesondere durch Interventionen der Lehrkräfte.

4. Die Rolle von Wettbewerben zur MINT-Motivation

  • Die Teilnahme an MINT-Wettbewerben erweist sich als wirkungsvoll für die Motivation von Schülerinnen und Schülern: Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Wissenschaftsolympiade haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, ein MINT-Studium an einer Hochschule zu absolvieren, insbesondere im Bereich der Ingenieurwissenschaften.

5. Herausforderungen und Chancen in Berufsausbildung und dualem Studium

  • Trotz eines Rückgangs der Zahl der Ausbildungsplätze ist die MINT-Berufsausbildung nach wie vor beliebt, insbesondere bei jungen Männern.
  • Duale und dreigleisige Studiengänge (die ein akademisches Studium mit einer Berufsausbildung kombinieren) erfreuen sich zunehmender Beliebtheit und bieten jungen Erwachsenen zusätzliche Möglichkeiten, auch wenn Frauen hier weiterhin unterrepräsentiert sind.

6. Rückgang angehender MINT-Lehrer:innen

  • Die Zahl der Studierenden, die sich für ein MINT-Lehramtsstudium entscheiden, ist deutlich rückläufig, insbesondere im Bereich Informatik.
  • Der demografische Rückgang und die sinkende Zahl der Student:innen, die eine Lehramtskarriere in MINT-Fächern anstreben, machen deutlich, dass neue Ansätze erforderlich sind, um den Mangel an MINT-Lehrer:innen zu beheben.

7. Das Interesse internationaler Student:innen an MINT-Fächern ist nach wie vor groß

  • Während die Zahl der einheimischen MINT-Student:innen abnimmt, unterstreicht die Studie die anhaltende Attraktivität der MINT-Fächer, insbesondere bei internationalen Student:innen.

Auswirkungen für Unternehmen und Handlungsempfehlung

Finanz- und Versicherungsunternehmen könnten bei der Rekrutierung von MINT-Absolvent:innen auf Hindernisse stoßen, da das Interesse an MINT in der Sekundarstufe abnimmt. Strategien zur Erhöhung der Vielfalt, einschließlich des Gleichgewichts zwischen den Geschlechtern, sollten für Personalverantwortliche eine Priorität sein.

Initiativen wie MINT-Wettbewerbe können genutzt werden, um talentierte Personen zu identifizieren und anzuziehen. Unternehmen sollten mit Bildungseinrichtungen zusammenarbeiten, um duale und dreigleisige Studiengänge zu fördern, die Studierenden eine Kombination aus akademischem Wissen und praktischer Erfahrung bieten. Aussichtsreich erscheint außerdem eine Kooperation mit Schulen und Bildungsbehörden zur Einführung von verpflichtenden Informatikkursen auch für jüngere Schüler:innen. Die Unterstützung von MINT-Wettbewerben und Initiativen, die sich an Mädchen in der Oberstufe richten, kann ein wirksamer Impuls sein, um die Vielfalt in MINT-Bereichen zu erhöhen. 

Vereinigungen und Bildungswesen

Verbände und andere Vereinigungen spielen eine entscheidende und aktive Rolle in der Vernetzung zwischen Studierenden, Bildungseinrichtungen und Unternehmen sowie in der Förderung und Umsetzung von Aus- und Weiterbildung. Die actupool-Muttergesellschaft Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) etwa arbeitet eng mit Organisationen zusammen, die die akuarielle Berufsausbildung fördern, z.B. der Deutschen Gesellschaft für Versicherungs- und Finanzmathematik (DGVFM). Auf europäischer Ebene hat die von den Aktuarvereinigungen Deutschlands, der Schweiz, Österreichs und der Niederlande gegründete European Actuarial Academy (EAA) die Zielsetzung, das Wissenszentrum der europäischen aktuariellen Aus- und Weiterbildung zu werden.