Durch disruptive Zeiten navigieren: Was Aktuar:innen von Strategien im Steuersegment lernen können

Daten-Granularität und ihre Folgen
Steuerbehörden fordern – etwa durch Initiativen wie die OECD’s Pillar Two oder Tax Administration 3.0 – zunehmend granularere und in Echtzeit verfügbare Daten. Dadurch hat sich der Fokus der Steuerabteilungen „von der klassischen Steuererfüllung hin zu vorgelagerten Datenprozessen“ verschoben, so Ralf Pieters, Global Head of Tax bei AkzoNobel. Jennie Fisk, Tax Director bei der LEGO Group, betont, dass Genauigkeit und Verständnis des Produktinhalts heute unerlässlich sind.
Mehr als 25 % der Befragten nannten begrenzte Daten- und Technologiekompetenz als zentrales Problem. Für Aktuar:innen bedeutet das: Datenkompetenzen müssen über klassische Analysen hinausgehen und auch Echtzeitsysteme und Daten-Governance umfassen.
KI-Kompetenzen rücken in den Vordergrund
Im Jahr 2025 bezeichnen 57 % der Steuerverantwortlichen KI-Kompetenzen als „essenziell“ – bis 2029 soll dieser Wert auf 94 % steigen. KI wird aktuell vor allem zur Automatisierung von Aufgaben wie Dokumentation von Verrechnungspreisen (47 %), Körperschaftsteuererklärungen (43 %) und globalen Steuerabgrenzungen (40 %) eingesetzt.
Auch wenn das Potenzial von KI in Bereichen wie Prognosen und Risikobewertung anerkannt wird, gehen viele Führungskräfte vorsichtig vor – aus Sorge um Genauigkeit und Datensicherheit. Dieses schrittweise Vorgehen bei der KI-Integration spiegelt auch die Herausforderungen wider, mit denen Aktuar:innen im Kontext von Automatisierung und Kontrolle konfrontiert sind.
Wandel im Skillset
Auf die Frage nach den wichtigsten Fähigkeiten der kommenden ein bis zwei Jahre nannten 45 % der Steuerverantwortlichen spezialisierte KI-Fähigkeiten, gefolgt von Datenanalyse und strategischem Denken (42 %) sowie fachlich-technischem Steuerwissen (36 %). Weitere relevante Kompetenzen: interdisziplinäre Beratung (25 %) und Kommunikationsfähigkeit (13 %).
Dana Lasley, Vice President Global Tax Planning bei Emerson Electric, erklärte: „Unser Team besteht primär aus Steuerexpert:innen, die sich technologische Kompetenzen aneignen.“ Technisches Fachwissen bleibt also essenziell – muss aber digital ergänzt werden.
Fachkräftemangel und Budgetbeschränkungen
28 % der Befragten zählen den Zugang zu Talenten zu den drei größten Herausforderungen. Der häufigste Engpass: Einstellungsstopps oder Budgetbeschränkungen (53 %). Weitere Herausforderungen: Mangel an Fachkräften mit nicht-steuerlichem Hintergrund (41 %) und Schwierigkeiten bei der Mitarbeiterbindung (40 %).
Um dem zu begegnen, setzen Steuerabteilungen verstärkt auf Automatisierung und Outsourcing: 86 % lagern mindestens einen Prozess aus. Bei Unternehmen mit einem Umsatz von über 20 Mrd. USD sehen 77 % den Zugang zu aktueller Technologie als wichtigen Vorteil des Outsourcings – 70 % nennen die Möglichkeit, interne Ressourcen auf strategische Aufgaben umzulenken.
Neue Rollen und Ressourcenmodelle
Angesichts zunehmender Komplexität entstehen neue Rollen: 49 % der Steuerabteilungen haben in den letzten zwei Jahren eine:n „Tax Transformation Lead“ eingestellt, 46 % eine:n „Data and Innovation Lead“ und 43 % eine:n „Tax Operations Lead“. Diese Entwicklungen zeigen den Wandel hin zu operativer und digitaler Führungsstärke innerhalb der Steuerfunktion.
Shared Service Centers und Outsourcing sind weit verbreitet: 81 % nutzen irgendeine Form des Outsourcings, 58 % arbeiten mit Shared Service Centers – ein Anstieg gegenüber früheren Jahren.
Zentrale Erkenntnisse für Aktuar:innen
1. KI-Kompetenzen werden unerlässlich
- 57 % der Steuerverantwortlichen sehen KI-Kompetenzen heute als essenziell, 94 % erwarten dies bis 2029.
- Aktuar:innen sollten praktische Fähigkeiten in Automatisierung und Datenverarbeitung aufbauen.
2. Datenqualität und Granularität zählen
- Über 25 % nennen begrenzte Daten- und Technikkompetenz als zentrale Herausforderung.
- Daten müssen technisch einwandfrei und systemübergreifend nutzbar sein.
3. Hybride Kompetenzprofile sind gefragt
- Top 3: KI (45 %), Datenanalyse & strategische Einsichten (42 %), fachspezifisches Wissen (36 %).
- Aktuar:innen profitieren von der Kombination technischer Expertise mit Analyse-, Kommunikations- und Beratungskompetenzen.
4. Budgetdruck prägt Personalstrategien
- 53 % rechnen mit Einstellungsstopps oder Budgetengpässen in den nächsten zwei Jahren.
- Aktuar:innen sollten in Weiterbildung und Prozessoptimierung investieren.
5. Automatisierung und Outsourcing als Strategie
- 86 % der Steuerfunktionen lagern Prozesse aus; 81 % sehen dies als zentrales Mittel zur Kostensenkung.
- Aktuarielle Teams können gezieltes Outsourcing oder Automatisierung zur Skalierung nutzen.
6. Neue Rollen mit Fokus auf Innovation und Operations
- Rollen wie „Tax Transformation Lead“ (49 %) und „Data and Innovation Lead“ (46 %) nehmen zu.
- Aktuar:innen sollten Aufgaben jenseits der klassischen Modellierung ins Auge fassen – etwa in Prozessgestaltung und Digitalisierung.
7. Vorsichtige KI-Nutzung zeigt Genauigkeitssorgen
- Derzeitige Einsatzgebiete: Routinetätigkeiten wie Dokumentation und Steuererklärungen.
- Aktuar:innen sollten KI gezielt dort einsetzen, wo sie Effizienz bringt – mit sorgfältiger Kontrolle bei kritischen Modellen.
8. Zusammenarbeit mit Finance und IT ist entscheidend
- In vielen Steuerabteilungen steuern Finance und IT Strategie und Budget für Technologie.
- Aktuar:innen sollten sich aktiv in fachübergreifende Teams einbringen, um technische Anforderungen abzustimmen.